Im Februar hatten wir (Caro, Franzi, Lukas und Konny) die Möglichkeit, zwei Workshops mit unseren Kolleg:innen aus Mossul (Haneen, Larsa, Maryam, Mohamed und Mustafa) im Rahmen der RESI Konferenz (Rethink Education and Science in Iraq – https://resi-sc2023.uomosul.edu.iq) anzubieten.
Bei der Anreise trafen wir in Frankfurt bereits Kolleg:innen aus Graz, Berlin und Polen. Die Einreise in den Irak gestaltete sich etwas holprig, da wir aufgrund eines fehlenden Stickers auf unseren Visa ca. eine Stunde aufgehalten wurden. Nach langem Warten und einigen Anrufen durften wir schließlich alle einreisen und wurden herzlich von unseren Gastgeber:innen aus Mossul empfangen. Mit Falafel zur Stärkung ging es dann direkt mit dem Bus von Erbil, wo wir landeten, nach Mossul.
Am ersten Tag, dem 12. Februar, startete die Konferenz mit einer tollen Eröffnungsfeier im Grand Theater der Universität Mossul, bei der nun auch die Kolleg:innen aus Düsseldorf, die aufgrund eines Flugzeugausfalls später anreisen mussten, dabei waren. Durch Ansprachen der Organisator:innen sowie zwei kulturelle Einlagen wurde die Konferenz offiziell eröffnet. Danach suchten wir unsere Seminarräume auf, um diese vorzubereiten und die Studierenden kennenzulernen.
Den ersten Tag des Workshops (13.02.) gestalteten wir zu einem großen Teil gemeinsam. Es ging darum, den Studierenden das Konzept von Lebensqualität näherzubringen. Dabei sprachen wir neben sowohl über Indikatoren zur Messung als auch über das subjektive Verständnis von Lebensqualität.
Haneen, Mohamed, Lukas und Konny konzentrierten sich im weiteren Verlauf ihres Workshops darauf, den Teilnehmenden Schneeballeffekt, Schmetterlingseffekt und Grassroot-Bewegungen vorzustellen, um ihnen aufzuzeigen, dass auch kleine Veränderungen Großes bewirken können. Anschließend ging es um das Konzept eines Campus und Möglichkeiten von Studierendenvereinigungen am Campus. Die Teilnehmenden sollten zumindest eine Idee für einen solchen Club als Tagesabschluss finden, um sich an Tag 2 in Gruppen mit ähnlichen Interessen zusammenzuschließen. Diese Gruppen arbeiteten einen „Opportunity Tree“ zu ihren Ideen aus und diskutierten anschließend gruppenübergreifend ihre Clubs. Am dritten Tag wurde den Clubideen noch der letzte Feinschliff verpasst und die Studierenden gestalteten ihre Plakate für die Präsentation auf der Abschlussveranstaltung. Zu den fünf großartigen Projekten zählen ein Englisch-Club, ein Kunst-Club, ein Universitäts-Guide, ein Technologie-Club (spezialisiert auf die Bedienung von Microsoft-Programmen) sowie ein wissenschaftlicher Club für Krankenpfleger*innen. Wir waren begeistert von den großartigen Ideen und hoffe, dass die Studierenden auch die Möglichkeit bekommen, ihre Clubs umzusetzen.
Der Workshop von Maryam, Larsa, Mustafa, Caro und Franzi hatte zum Ziel, sich eingehender mit den (fehlenden) Strukturen für psychische Gesundheit am Campus der Universität Mossul zu beschäftigen. Auch hier sprachen wir über den Snowballeffekt und grass roots-Bewegungen, um den Teilnehmenden zu vermitteln, dass auch kleine Initiativen und Gedankenanstöße wachsen und schlussendlich Großes bewirken können. Außerdem lernten wir die Teilnehmenden durch ein lustiges Spiel näher kennen und erfuhren, welche Vorstellungen sie von unserem Workshop haben und wie sie zu mentaler Gesundheit stehen. Am folgenden Tag führten wir die Teilnehmenden erst einmal generell in das Thema der mentalen Gesundheit ein, gefolgt von einem Brainstorming zu den Gründen und Effekten einer fehlenden Struktur für mentale Gesundheit an der Universität Mossul. Anhand eines “Problem Trees” diskutierten wir Gründe und Effekte, wie zum Beispiel die große Stigmatisierung des Themas in der Gesellschaft (Grund) und übermäßiger Stress, Unruhe/Ängstlichkeit und sogar Depression (Effekt). An Tag 3, nach einem Input von Larsa zu individuellen Maßnahmen zur Verbesserung der eigenen mentalen Gesundheit, beschäftigten wir uns mit Lösungsansätzen für fehlende Strukturen für mentale Gesundheit an der Uni. In zwei Gruppen wurde jeweils eine Lösung erarbeitet, die die Teilnehmenden auch nach der Konferenz gut als Gruppe umsetzen können. Zum einen wurde der Carthasis Club erarbeitet, der junge Menschen an einen Tisch bringen möchte, um ihnen in offener und unvoreingenommener Atmosphäre einen Austausch über mentale Gesundheit zu ermöglichen. Zum anderen sprach Gruppe 2 über eine Gruppierung zur Verbreitung von Informationen über mentale Gesundheit an der Universität, durch Flyer und Poster, Workshops und Inputs in Vorlesungen.
Alle Ergebnisse, auch die der anderen Workshops der Konferenz, wurden am 16. Februar im Rahmen einer Ausstellung vor dem Grand Theater der Universität Mossul präsentiert. Mit einer offiziellen Zeremonie, inklusive Studierenden- und Podiumsdiskussion, wurde die Konferenz feierlich abgeschlossen.
Besonders spannend an dieser Konferenz waren für uns die Diskussionen mit den Studierenden, der Austausch und der Enthusiasmus, mit dem die Teilnehmenden an die Thematik heran gingen und ihre Ergebnisse bei der Ausstellung präsentierten. Wir wünschen uns, dass die Gedankenanstöße, die dieses Jahr auf der Konferenz aufkamen, weitergeführt werden, dass den Studierenden in Zukunft der Raum gegeben wird, die eigenen Ideen umzusetzen, die Ressourcen an der Universität voll auszuschöpfen, generell ihre Lebens- und Lernqualität an der Universität zu verbessern.
Zusätzlich zu einer spannenden Konferenz zum Thema Lebensqualität wurde uns in unserer Freizeit vor Ort stets ein umfangreiches Programm durch das RESI Projekt und Professor:innen der Universität Mossul angeboten. Somit durften wir Mossuls Altstadt besichtigen und verschiedene wichtige Standorte, wie die Al-Nouri Moschee und die syrisch-katholische al-Tahira Kirche – beide mitten im Wiederaufbau -, das Mossul Heritage Museum und Mossul Heritage House und den Bazar besuchen. Außerdem schauten wir uns die Al-Najafi Street an, welche vor dem Bürgerkrieg eine wichtige Handelsstraße war und nun wieder belebt werden soll (auch hierzu gab es einen Workshop auf der Konferenz, der sich mit der Wiederbelebung der Straße beschäftigte). Leider war es uns nicht möglich, die Ausgrabungsstätte von Nineveh zu besichtigen, dennoch war es sehr spannend, einen Blick von außen auf die altehrwürdige assyrische Stadt zu werfen. Auch eine Bustour war im Programm inbegriffen, welche uns durch weite Teile Mossuls führte. Spannend für Lukas und Franzi, die im März 2022 schon einmal für eine Konferenz in Mossul waren, war die Entwicklung, die sich innerhalb eines Jahres abgespielt hatte. Ein Fortschritt im Wiederaufbau der Stadt war sehr deutlich sichtbar.
Am 17. Februar verließen wir Mossul, um nach Erbil zu reisen und am darauffolgenden Tag schweren Herzens Abschied nehmen zu müssen. Auf unserem Weg nach Mossul besichtigten wir, geführt von Dr. Fawzi, ein Professor an der Universität Mossul, einige Kirchen in den vorwiegend christlichen Siedlungen Karemlash und Bakhdida, unter anderem die Große al-Tahira Kirche. Unsere Reise wurde am Abend des 17. und Morgen des 18. Februars durch ein Marktbummeln und die Besichtigung der Zitadelle in Erbil sowie einer Geburtstag-/Abschiedsfeier im Hotel wunderbar abgerundet.
Wir sind sehr dankbar für die Möglichkeit, (wieder) in den Irak reisen zu können! Unseren Austausch mit den anderen Workshop-Leiter:innen aus Deutschland, Österreich und Polen, alle unglaublich wunderbare und herzliche Menschen, unser Wiedersehen/erstes persönliches Kennenlernen mit Mohamed, Larsa, Maryam, Haneen und Mustafa, die Interaktion mit den Studierenden auf der Konferenz, sowie den Irak, seine Gastfreundschaft und Wärme erleben zu dürfen würden wir nicht missen wollen! Diese Reise hat uns sicher erschöpft, aber vor allem erfüllt und dankbar zurückgelassen.
Wir bedanken uns ganz herzlich beim RESI Projekt, vor allem bei Prof. Heike Wendt, bei all den irakischen Professor:innen, die unseren Aufenthalt so informativ und herzlich gestaltet haben, dem DAAD, sowie bei den Universitäten Dortmund, Graz und Mossul für die tolle Möglichkeit!












